Pressestimmen
zu Kurzprosa

 
Vorweg: Hier sind nicht nur positive Kritiken und Verrisse versammelt, sondern auch gute Beobachtungen und reiner Unsinn. Ich wähle Rezensionen auf meiner Homepage vor allem nach dokumentarischen Kriterien aus.

"Der Remo" in Erostepost Nr. 54, Salzburg, Juni 2017

Aus der Jury-Begründung für den Erostepost-Literaturpreis:

Jensens Blick in die Vergangenheit nimmt Zukunft in die Pflicht, spielt mit diesem unwägbaren Gestern-Heute-Morgen, verwebt Carpenters Action-Spektakel mit banaler Realität. Für diverse Positionierungen wie Macht und Ohnmacht, Leben und Tod, Fiktion und Wirklichkeit, Gut und Böse nicht zuletzt, findet der Autor überaus einprägsame, gleichsam berührende wie komische Bilder. Die wie stumm eingefrorene Geste des Fährmanns lässt Richtung vermissen, zeigt vielleicht, wie hilflos treibend wir manchmal dem Leben ausgeliefert sind - und doch nicht aufgeben?

 

Timo Brandt unter FixPoetry.com, 1.9.2017:

Gekonnt verschmilzt Marcus Jensen die Eindrücke und Szenen des Films mit der Geschichte der Großmutter, die stirbt, während die Jungs in den Kinosesseln sitzen. Schon über lange Zeit fristete sie ein freudloses, dunkles Dasein - und auch die apokalyptische Welt in Carpenters Film im fiktiven Jahr 1997, in der Snake den US-Präsidenten retten soll und dabei die anarchische und verwahrloste Welt der Gefängnisinsel Manhattan betritt, scheint in eine diffuse Dunkelheit gehüllt zu sein. Ein großartig montierter Text, der einen tatsächlich packt, vor allem weil er nahtlos von der einen Geschichte in die andere wechselt.

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"Das Glas" in Am Erker Nr. 68, Münster 2014

Rolf Stolz im Literaturmagazin Rhein (Neunkirchen-Seelscheid) Nr. 9, Mai 2015:

Es folgt eine eher schwache Geschichte von Marcus Jensen, die sich nicht recht zwischen Science Fiction, Surrealem und Familienzank entscheidet (...).

"457 Tage. Bis richtige Soldaten kommen" in Am Erker Nr. 53, Münster 2007

Heiko Ostendorf in Münstersche Zeitung vom 1.12.2007:

Tanja Dückers war krankheitsbedingt zwar verhindert, aber Marcus Jensen, Burkhard Spinnen und der langjährige Erker-Mitstreiter Andreas Heckmann sind zur Geburtstagslesung gekommen, bei der Jensens satirische Erinnerungen an die Bundeswehrzeit die Zuhörer zum Lachen bringen. Spinnen zeigt sich von der Geschichte inspiriert und fordert nicht weniger ironisch einen Demonstrationszug aller ehemaligen Wehrdienstler quer durch Berlin. Mit der gleichen Leidenschaft erzählt er dann vom Protagonisten seines aktuellen Romans Mehrkampf. (...) Ein fulminanter Abschluss einer großen Feier.

"Johanna träumt." in Einfalt-Vielfalt, hrsg. von Juan Goytisolo, Künzelsau 2003

Michael Dignal unter stimme.de am 4.6.2003:
[zur Verleihung des 14. Würth-Preises der Tübinger Poetik-Dozentur am 1.6.2003]

Ironie des Zufalls: Da gibt es bei der Verleihung des Würth-Literaturpreises einmal wirklich beachtenswerte Texte zu hören - und dann mangelt es an Publikum. Immerhin fanden trotz des sommerlichen Wetters noch knapp hundert Besucher in den Gaisbacher Alma-Würth-Saal (...). Unter den rund 900 Einsendungen habe man indes kaum politische Beiträge, dafür aber zu über 90 Prozent "Beziehungskisten" entdecken können. Allein der Rostockerin Rebekka Malter und dem in Berlin lebenden Marcus Jensen seien überzeugende Synthesen aus unangestrengter Themenbehandlung und ansprechender literarischer Form gelungen. (...) In seiner utopischen Satire "Johanna träumt." behandelt Marcus Jensen die Auszehrung der Sprache, die von einer bizarren Sprachindustrie nachgerade systematisch betrieben wird. Als sich die Heldin Johanna - eine Anspielung auf Schillers Jungfrau von Orleans - anschickt, die Dominanz schlichter Hauptsätze durch eine "Revitalisierung des Relativsatzes" zu brechen, greift das "Anti-Komma-Kommando" ein. Hier seien "bittere Komik und grotesker Ernst" zusammengetroffen, kommentierte Gerd Heinz in seiner Laudatio.

"Angelika" in Am Erker Nr. 46, Münster, Dezember 2003

Georg Leisten in Münstersche Zeitung vom 25.3.2004:

Nichts zu schlemmen hat dagegen der junge Held aus Marcus Jensens Novelle "Angelika". In dem nüchtern-ironischen Protokoll einer peinlich endenden Teenagerverliebtheit prickeln zwischen den Zeilen sadomasochistische Erniedrigungsphantasien nach dem Vorbild von Thomas Manns "Kleinem Herrn Friedemann".

Erotische Geschichten in Doppellesung mit Norbert Stöbe in Aachen ("Leselust am Lousberg") am 28.8.2003

Eva Kopytto in Aachener Zeitung vom 1.9.2003:

Fernab von Poesie und Romantik wurde Erotik von beiden Autoren als gefühlskaltes Geschäft dargeboten, in dem jeder darauf aus ist, seinem triebhaften wie zwanghaften Umgang zur Sexualität nachzugehen, seine Sinneslüste auf frivol-anzügliche Weise zu befriedigen. (...) insgesamt rund 900 Hörer lockte die sommerliche Lesereihe dieses Jahr und bot angesichts des heißen Sommers unterhaltsame Literaturabende in einer ganz besonderen mediterran-orientalischen Picknick-Atmosphäre.

"Die Landungsbrücken, ein Schwindler" in Am Erker Nr. 42, Münster 2001

Markus Weckesser in Münstersche Zeitung vom 4.1.2002:

Lustig liest sich "Die Landungsbrücken, ein Schwindler" von Marcus Jensen. In dem Auszug aus seinem neuen Buch erzählt der Schöppinger Stipendiat von einem Hamburger Stadtführer, der Besuchern Lügenmärchen auftischt und schelmisch mit deren Erwartungen spielt. (...) Empfehlenswert ist auch ein Besuch auf der neu gestalteten Website.

Erotik-Kurzgeschichtenlesung mit Silke Andrea Schuemmer im Bochumer "Riff" am 12.11.2000

(peh) in Westfälische Allgemeine Zeitung vom 15.11.2000:

Der Lust am Lesen hat sich das Literaturmagazin Macondo verschrieben. Und dass Lesen und Lust viel miteinander zu tun haben, das bewiesen bei den 1. Bochumer Literaturtagen Silke Andrea Schuemmer und Marcus Jensen. Das Paar gestaltete auf Macondo-Einladung einen erotischen Abend im Riff.
"Wie war's für Dich?", unter dieses Motto hatten die beiden Aachener ihre Lesung gestellt. Und was sie den Zuhörern präsentierten, das waren sinnliche Texte, die auf dem schmalen Grat zwischen Erotik und Pornographie zielsicher die Balance hielten und nie ins Peinliche abzugleiten drohten.
Kaum zu glauben, dass die beiden Jung-Schriftsteller, die bereits seit sechs Jahren ein Paar sind, in Bochum ihren ersten gemeinsamen Auftritt absolvierten. Marcus Jensen, dessen gelobter Erstlingsroman Red Rain vor Jahresfrist erschien, eröffnete den Abend mit einer sprachgewandten erotischen Miniatur. Dann las die 26-jährige Silke Andrea Schuemmer einen Auszug aus ihrem aktuellen Romanprojekt.
Dominierte in diesem Text noch der dramatische Aspekt einer Liebesbeziehung mit tragischem Ausgang, so ging es in den darauf folgenden Texten beider Autoren erheblich eindeutiger "zur Sache": Sowohl Marcus Jensen als auch Silke Andrea Schuemmer verstehen es, ihre Texte mit der nötigen Prise Ironie und Humor zu würzen, die dem Publikum ein Schmunzeln entlockt.
Höhepunkt des Abends war sicherlich Schuemmers Erzählung "37 Grad im Paradies" über die erotischen Verstrickungen einer Schlingpflanze und ihres Besitzers "mit dem grünen Zauberdaumen".
Knisternde Erotik gepaart mit Witz und Raffinesse - diese Mischung kam an beim Publikum, das zum großen Leidwesen von Veranstaltern und Autoren jedoch nicht allzu zahlreich ins Riff gepilgert war.

"Miniaturen 1 & 2" in: Bitte streicheln Sie hier, hrsg. von Susann Rehlein, Frankfurt am Main, Eichborn 2000

Kristina Maidt-Zinke in Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8.7.2000:

Der nackte Akt bleibt in ihren Erzählungen Mangelware. (...) Sie tun es nach den Regeln des Zeitgeistes, der vor allem Ironie verlangt, das parodistische Spiel mit bekannten Mustern und den karikierenden Umgang mit Konventionen, ein kühles Interesse an körperlichen Vorgängen und das demonstrativ abgebrühte Wissen um die "Permanenz von Lust und Frust". Gelöste Sinnlichkeit, unbeschwert ausschweifende Genussfreude ist dieser denkfleißigen Schriftstellergeneration nicht gegeben; sie kompensiert den Mangel durch verblüffenden Einfallsreichtum im Hinblick darauf, welche Art von Text als "erotisch" durchgehen oder gar jene erotisierende Wirkung ausstrahlen kann, die uns Frau Rehlein im Vorwort verspricht. (...) Marcus Jensen steuert zwei semipornografische Miniaturen bei, verliert dabei jedoch im unkontrollierten Alliterationsrausch ("die Zunge zieht's von den Zitzen tiefer runter, schon ist die Nase im Nabel") und auf dem "drei, vier Meter" langen Bauch seiner Geliebten die Orientierung.

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Carolin Fischer in der deutschen Financial Times vom 19.5.2000:

Und für die Freunde intensiverer Fleischlichkeit empfehlen wir zum Abschluss unter der Rubrik "Orgasmus" die beiden Miniaturen von Marcus Jensen.

"Letzter Durchlauf" in: Am Erker Nr. 31, Münster 1996

Sebastian Loskant in Münsteraner Zeitung vom 15.8.1996:

Noch weiter geht Marcus Jensen, wenn er in "Letzter Durchlauf" schonungslos offen einen Magenkrebskranken im Endstadium bei einem Hochzeitsbankett beschreibt. (...). So berechtigt es sein mag, bei Tabuthemen mit unappetitlichem Zynismus zu provozieren: Literarisch ist damit kein Staat zu machen.

"Liebesdienste" in der Anthologie Stimmen von morgen, Piper Taschenbuch 1994

Manfred Durzak, Die deutsche Kurzgeschichte der Gegenwart, Würzburg, Königshausen & Neumann, 3. Aufl. 2002:

Die Monotonie, die viele Geschichte dieser drei Sammlungen durchzieht, hat mit der Thematisierung von Geschlechtsverkehr zu tun. Es sind in der Regel keine Liebesgeschichten, sondern Sex-Geschichten oder Beischlaf-Geschichten, in denen der körperliche Vorgang, oft in allen Details beschrieben, dominiert und die seelische Einbettung und die künstlerische Beispiel-Funktion weitgehend verlorengehen. Die Geschichte "Liebesdienste" von Marcus Jensen, die im Wettbewerb von 1994 sogar den dritten Preis erhielt, ist ein gutes Beispiel dafür. Ein junger Mann ist von einer fülligen verwitweten Sirene in ihre Wohnung gelockt worden und zum Liebesdienst bereit. Das vorbereitende Ritual, die Entkleidungen, gestische Liebeszeichen, läuft programmgemäß ab. Die Geschichte, in der keine Personen, sondern nur Körper agieren, sonst wären sie zumindest ansatzweise erzählerisch individualisiert, sozusagen mit einem sozialen Schatten versehen, ist auf die zotige Pointe hin geschrieben: Als der jüngere Mann im Bett in sie eindringen will, verwehrt sie das mit Hinweis auf ihr Genital, das so beschaffen sei, daß es immer schon eine Penetration verhindert habe. Zum Abschied gibt sie ihm einen goldenen Armreif zur Belohnung.
Diese Geschichte hat den Charme eines einschlägigen Männerwitzes, aber läßt alles das vermissen, was eine Geschichte wichtig machen könnte: daß sich nämlich in der erzählten Situation das Schicksal, Unglück und Glück, Irrtum und Illusion der handelnden Personen und ihre nur durch Surrogate erfüllte Sehnsucht nach menschlicher Nähe und Kommunikation erahnen lassen.
(...) wie schon ausgeführt, [kann] die mit dem dritten Preis bedachte Geschichte "Liebesdienste" von Marcus Jensen geradezu als abschreckendes Beispiel einer nur nach äußerlichen Effekten geschriebenen, literarisch entgleisten Kurzgeschichte gelten